ADHS und Sucht

ADHS-Betroffene haben etwa 4 mal häufiger Suchtprobleme. Dies hat mehrere Gründe.  Die aktuellen Forschungsergebnisse zeigen, dass viele ADHS-Patienten auf der Suche nach einer Selbstbehandlung ihrer ADHS-Symptome sind. Sie suchen zum einen nach Möglichkeiten aufmerksamer, konzentrierter und wacher zu sein, zum anderen aber auch nach Entspannung und Ruhe, die sie oft wegen ihrer ständigen inneren Getriebenheit und Anspannung nicht finden können. Die häufigste Droge zur Selbstbehandlung ist Nikotin und so sind ADHS-Patienten oft schon sehr früh starke Raucher. Nikotin wirkt ohne Frage sehr gut auf die Symptome der ADHS: Nikotin macht konzentrierter, gelassener, ruhiger und wirkt anregend.

Leider ist Nikotin auf Grund der nur allzu bekannten Nebenwirkung nicht wirklich als ADHS-Behandlung empfehlenswert und noch dazu birgt Nikotin eine sehr hohe Abhängigkeitsgefahr.

Es gibt weitere Gründe für die häufigere Suchtentwicklung bei ADHS-Betroffenen.

Diese haben häufiger als ihre Mitmenschen die Erfahrung gemacht hat, dass trotz Anstrengung der schulische und berufliche Erfolg eingeschränkt ist, weil Konzentrationsstörungen, Flüchtigkeitsfehler und chaotische Verhaltensweisen ihn verhindert haben. Mit hyperaktivem Verhalten macht man sich auch nicht nur Freunde und so sind Beziehungskonflikte und Arbeitsplatzkonflikte oft vorprogrammiert.

Diese Verhaltensweisen führen dann zu einer Ansammlung von Niederlagen, Frustration und Ablehnung, die Betroffene verkraften müssen. Sie haben einfach mehr Frust und mehr Scheitern als ihre Mitmenschen. So manche werden Außenseiter, die meisten aber haben viele unerfüllte Träume, nicht gelebte Sehnsüchte vor allem nach Angenommen-sein und Zugehörigkeit. Oft haben sie auch viel Trauer und Enttäuschung in sich nach von all den erlittenen Kränkungen und Niederlagen und bei manchen war die Kindheit noch dazu ein Dauerstress besonders, wenn andere in der Familie auch von ADHS betroffen waren.

Die Pubertät der ADHS-ler ist häufig extrem. Sie sind schnell Grenzgänger, reizen und provozieren und finden Gefallen daran ihre Mitmenschen und hier besonders ihre Eltern  in dieser Zeit in den Wahnsinn zu treiben. Sie können mürrisch, unzufrieden sein und einen großen Frust schieben. Aus der Position des Provokateurs oder Loosers findet sich leichter ein Weg sich mit illegalen Drogen noch mehr in den eigenen Weltschmerz zurück zu ziehen oder die Umwelt weiter durch extreme Verhaltensweisen zu provozieren. Auch Alkohol ist hier eine wichtige Einstiegsdroge in die Abhängigkeit, denn dieser ist leicht verfügbar und scheinbar oder zumindest für die Dauer des Rausches scheint die Welt erträglicher.

Auch der Konsum von Cannabis ist bei ADHS-Betroffenen deutlich häufiger. Erlebt man die Welt ständig schwierig und fühlt man sich häufiger ausgegrenzt, kann man mit Cannabis doch Entspannung und  Zugehörigkeit erfahren, wenn man die Droge mit anderen konsumiert.

Jugendliche mit ADHS sind leider auch leicht verführbar. denn sie sind so schnell zu begeistern und sie bedenken oft nicht die Folgen ihres Tuns. So probieren sie oft die Drogen einfach aus und machen sich keine Gedanken darüber, was daran gefährlich sein könnte:„erst gemacht, dann gedacht“ . Viele sind einfach unbekümmert, neugierig und sorglos und begreifen oft erst viel zu spät, welche Auswirkungen die Drogen auf ihr Leben und ihre Gesundheit haben. ADHS-ler sind häufig leichtsinniger und schneller zu begeistern und  schießen erst einmal alle Warnungen und Bedenken über Drogenkonsum in den Wind. Nicht das sie es nicht wüssten, aber in dem Moment ist es einfacher spannender etwas Cooles auszuprobieren und es ist schon manchmal erschütternd mit welcher Einfältigkeit und Naivität Drogen ausprobiert werden.

Im allgemeinen sind AD(H)S-ler außerdem ziemlich extrem und auf der ständigen Suche nach mehr bzw. dem Kick. Oft zeigt sich das schon in der Kindheit, dass sie nie so richtig zufrieden waren und nach kurzer Zeit der Freude, schnell wieder frustriert und unzufrieden gewesen sind.  Viele ADHS-ler haben zudem ihre ganze Kindheit lang und auch noch im Erwachsenenalter das Gefühl zu kurz gekommen oder vom Leben benachteiligt zu sein. Diese Unersättlichkeit und diese chronische Unzufriedenheit, diese Schwierigkeit Glück und Zufriedenheit nicht über längere Zeit festhalten zu können, schafft auch eine Bereitschaft das Glück in Form von Drogen verfügbarer und planbarer zu machen.

Natürlich verheißen auch die Drogen das schnelle Glück, ohne das man dazu allzu viel tun muss, zumindest kurzfristig. Während man sich ansonsten Glück und Erfolg immer auch erarbeiten muss, so kann man sich mit Drogen schnell in einen Zustand versetzen, der angenehm und entspannend ist und der  schnell und relativ einfach Glücksgefühle produziert. Man kann sich damit die Welt so schön rosarot zu nebeln, so dass man all den Frust und die Enttäuschungen im Leben nicht mehr zur Kenntnis nehmen  muss. Es ist zunächst für AD(H)S-ler ein verlockender Weg: „Spaß haben ohne allzu viel dafür tun zu müssen“.

Es ist so ein wenig wie auf der Suche nach dem verlorenen Glück…es zerrinnt so schnell in den Händen und man kann es nicht festhalten. ADHS-ler sind ständig auf der Suche nach dem immer währenden Glück und  dem vollkommene Leben und sie sind sehr schnell frustriert darüber, das es Pflichten und unangenehme Dinge im Leben gibt, die einfach unausweichlich sind. Die meisten ADHS-ler suchen trotz ihres unsteten Wesens nach  Harmonie, Erfüllung und  Zufriedenheit und können genau das nicht aushalten, denn nichts ist andererseits schlimmer als sich abzeichnende Langeweile und Ereignislosigkeit. ADHS-ler brauchen immer wieder etwas Prickelndes und Anregendes, sonst werden sie schnell dösig, faul und unmotiviert . Sie sind auf der Suche nach Action, Abenteuer und nichts erleben sie als bedrohlicher als  Langeweile und innere Leere. Der Konsum und die Beschaffung von Drogen verheißt ja auch Action, Nervenkitzel, und auch das kann eine Möglichkeit sein mit diesem Kick dem langweiligen Alltag zu entfliehen.

Es gibt dann noch so eine ADHS-Eigenschaft, die Sucht begünstigt. So manchmal sind ADHS-ler einfach wahre Rumpelstilzchen und sie können sich unmöglich aufführen, wenn sie nicht jetzt sofort und immer alles bekommen. ADHS-ler haben große Probleme damit Bedürfnisse aufzuschieben und abzuwarten. Sie wollen alles jetzt, sofort und immer. Das ist nicht so realistisch im Leben und so ist der schnelle Weg in das kurzfristige Glück durch Drogen verführerisch.

Sucht kann auch das Ergebnis eines enttäuschten und trotzigen Kampfes sein, ein Ausdruck des Protest und die Demonstration des Andersseins. Manche ADHS-ler  bringen mit ihrer Drogenabhängigkeit ihren Trotz und ihre Auflehnung zum Ausdruck, weil sie genau das tun, was man nicht von ihnen erwartet und sie es auch cool finden die anderen zu provozieren. Wenn man sich dann mit anderen zusammen tut, die sich auch als Ausgestoßene und Versager fühlen, kann in einer solchen Gruppe auch Halt und Bestätigung erfahren, die man vorher schmerzlich vermisst hat. Jeder Mensch braucht schließlich die Erfahrung gemocht zu werden und etwas gut zu machen. Manchmal besteht dann allerdings die Gefahr, dass man vereint in   Frust, Wut und Ärger und in rebellischer Auflehnung den trotzigen Triumph auskostet es allen anderen zu zeigen und dabei nicht bemerkt, dass man sich selbst schadet und man das eigene Leben nicht wirklich entwirft. Es kann ein gutes Gefühl sein:: „ ich gegen den Rest der Welt“ und sich trotz aller Warnungen  über Gebote hinwegzusetzen und es allen zu zeigen, die einen in den letzten Jahren gekränkt haben. Es kann einem Stärke und Macht verleihen den anderen zu zeigen, dass man sich an gar keine Regeln halten muss. Es ist ein einsames Heldentum…

Was ist jetzt genau Sucht:

Sucht zeigt sich durch ein starkes Verlangen und eine Art Zwang das Suchtmittel unbedingt konsumieren zu wollen. Es stellt sich dann auch zunehmend ein Kontrollverlust ein. Damit ist gemeint, dass man die Menge des eingenommenen Suchtmittels nicht mehr kontrollieren kann. z.B: beim Alkohol, dass man so viel trinken muss, dass man unter dem Tisch liegt und man erst aufhört, wenn einfach nichts mehr geht. Wenn man süchtig ist, dann treten auch Entzugserscheinungen auf, d.h. ohne das Suchtmittel ist man getrieben, nervös und unzufrieden. Es zeigt sich weiterhin eine Toleranz, das bedeutet, dass immer mehr von dem Stoff  gebraucht wird um die gleiche Wirkung zu erzielen. Zunehmend zeigt sich dann auch eine

Einengung auf den Drogenkonsum und eine Fixierung darauf. Deutlich zeigen sich dann auch die negativen Auswirkungen der Drogen im Leben der Betroffenen:  Partner weg, Job weg, Führerschein weg- und die Abwärtsspirale kann so ihren unerbittlichen Verlauf nehmen.

Man unterscheidet zwischen substanzgebunden Süchten und nicht substanzgebundene Süchten.

Nicht substanzgebundene Süchte sind: z.B Internetsucht, Esssucht, Kaufsucht etc.

Grundsätzlich neigen ADHS-ler zu extremen Verhaltensweisen. Sie können eine Sucht schnell gegen die nächste austauschen und so ziehen sich Exzesse häufig in Form von „ganz“ oder „gar nicht“ durch ihr Leben. Erst massiver Raucher dann leidenschaftlicher Nikotingegner oder esssüchtig und dann Verfechter der veganen Kost. Wichtig ist es auch zu wissen, dass ADHS-ler einfach alles zur Sucht machen können, weil sie alles übertreiben können und in ihrer Maßlosigkeit sie sich so schwer tun ihre eigene Mitte zu finden. Der gemäßigte Stil ist einfach nicht ihre Sache , entweder schwarz oder weiß, ganz oder gar nicht, und so können die meisten eben nicht einfach ein bisschen rauchen oder ein bisschen trinken.